Was wäre eigentlich…

… wenn sich ein Autohersteller mal was trauen würde? So richtig.
Wenn ein Hersteller mal etwas ganz unkonventionelles Fahrzeug bauen würde. So kein Auto Marke Einheitsbrei und keinen Plastikbomber, der einen Namen aufgedrückt bekommt, der früher mal für etwas gestanden hat und heute nur noch aus Marketinggründen aufgewärmt wird.

Der große Dieter Rams hat zehn Thesen aufgestellt, die (seiner Meinung nach) gutes Design ausmachen:

  • Gutes Design ist innovativ.
  • Gutes Design macht ein Produkt brauchbar.
  • Gutes Design ist ästhetisches Design.
  • Gutes Design macht ein Produkt verständlich.
  • Gutes Design ist ehrlich.
  • Gutes Design ist unaufdringlich.
  • Gutes Design ist langlebig.
  • Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail.
  • Gutes Design ist umweltfreundlich.
  • Gutes Design ist sowenig Design wie möglich.

Machen wir einen kurzen Ausflug in die Computerwelt, schauen wir uns einmal Apple an. Wer mich kennt, weiß, dass ich Apple-Produkte gerne nutze und sehr schätze, aus verschiedenen Gründen. Wer sich die Umsätze und die steigenden Marktanteile, kurz: den Erfolg, anschaut, den Apple in den letzten Jahren hat, dann könnte das durchaus damit zusammenhängen, dass Jonathan Ive, der Chefdesigner von Apple, nach diesen Prinzipien designt.
Wie sieht heute ein modernes Computergehäuse aus? Nun, nicht viel anders als vor einigen Jahren. Die Aufteilung von 5,25″ und 3,5″-Laufwerken, die Anordnung „5,25“ oben, 3,5″ unten“ und der Raum im Gehäuse, der für Steckkarten zur Verfügung steht. Für viele, wenn nicht gar den überwiegenden Teil der Konstruktionsgrundlagen eines heutigen PC-Gehäuses basieren auf Tatsachen, die so schon seit etlichen Jahren nicht mehr aktuell sind.
Ich behaupte, dass so gut wie alle durchschnittlichen PC-Nutzer keinen Steckplatz in ihrem PC benötigen. Was hat man dort früher benötigt? Soundkarte, Netzwerkkarte, vielleicht auch eine ISDN-Karte. Dank USB und der Tatsache, dass ISDN-Karten im privaten Bereich quasi überflüssig sind sowie der Tatsache, dass heutzutage Grafik, Sound und Netzwerk direkt auf dem Mainboard untergebracht sind, sind diese Steckplätze in der Regel überflüssig. Dazu kommt noch der riiiiiiiiiiiiiiiiesige Platz, der im unteren Teil des Gehäuses zwischen Steckkarten-Plätzen und Gehäusefront frei ist. Dieser Raum geht auf die Anfangszeit der PCs zurück, in der es noch Steckkarten von enormer Länge gab, der sog. „vollen Baulänge“, wie zum Beispiel manche (frühe) Soundkarten. Solche Karten gibt es aber längst nicht mehr, für die heutzutage eingesetzen Busse sowieso nicht und somit gibt es auch überhaupt keine technische Notwendigkeit, Computergehäusen an dieser Stelle noch diese Menge an Platz zu gönnen. Sprich: eigentlich bräuchten PC-Gehäuse längst micht mehr so auszusehen, wie sie aussehen. Aber es wird hier eben so gebaut, wie man schon immer gebaut hat. Spätestens, seitdem TFT-Displays erschwinglich geworden sind, besteht auch eigentlich kaum noch eine technische Notwendigkeit, Computer in so großen Gehäusen unterzubringen – wie es Apple schon seit Langem tut und manch ein PC-Hersteller sich dann und wann mal wieder traut. Auf dem PC-Markt ist es vielleicht nicht so einfach, innovativ zu sein und sich damit durchsetzen zu können, da so ein Produkt meist von vielen Herstellern abhängt und es nur bei Apple der Fall ist, dass ein Hersteller von der Hardware bis zur Software ein Produkt am Stück entwickeln und produzieren kann.
Da sieht es in der Automobilindustrie natürlich schon anders aus. Wenn ich mir so gewisse Vertreter der heutigen Automobilzunft ansehe, komme ich ins Grübeln. Für meine Verhältnisse gibt es auf dem Automarkt momentan eigentlich nur „PC-Hersteller“ – keiner traut sich daran, nach Rams Vorstellungen zu designen. Ich frage mich, ob es nicht eine sehr gute Idee ist, mal (wieder) ein Auto nach diesen Prinzipien zu entwickeln.
Bruno Sacco, der ehemalige Chefdesigner von Mercedes-Benz, legte z. B. viel Wert auf die Langlebigkeit eines Designs. Ein Blick, z. B. auf die Baureihe W124 genügt: Rekordzahlen im Absatz, eine extrem lange Produktionsdauer, der Ruf als nahezu unkaputtbares Auto und ein zeitloses Design sind Eigenschaften, über die man sich bei diesem Wagen einig ist.
Ganz ehrlich: ich glaube kaum, dass man, bei den aktuellen Modellen, so etwas noch erreichen kann. Nicht umsonst floriert der Handel mit gewissen Klassikern wie zum Beispiel einigen Volvo-Baureihen.
Was wäre denn, wenn ein Hersteller sich mal trauen würde, mal wieder innovativ zu sein, ein Auto mit klaren Linien, ohne Schnörkel, ohne Bling-Bling rauszubringen, ein Design mit so wenig Design wie möglich?
Bei all den Problemen, die sich immer wieder ergeben, Rückrufaktionen und Co: Wie wäre es denn mal mit einem Auto, bei dem man einfach mal auf Bewährtes (und Funktionierendes) zurückgreift und einfach nur ein paar Neuerungen einbringt?
Ich glaube nicht, dass die Konstruktreure des Volvo 740 zum Beispiel zum Ziel gesetzt haben, ein Auto zu bauen, dass sich möglichst gut verkaufen lässt (den Eindruck habe ich bei den heutigen Autos), sondern ich glaube, man hat einfach nur konsequent eine Design-Philosophie verfolgt, dessen Produkt letztenendes dieses Fahrzeug war. Vielleicht mal ein guter Vorsatz für künftige Entwicklungen…

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Eine Antwort zu Was wäre eigentlich…

  1. norman sagt:

    Ich bin auch der Meinung, dass das sehr wichtig für ein gutes Design ist. Sehr interessanter Artikel.

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