Nachdem nicht zuletzt auch Fabian in seinem Blog über Erlebnisse mit Telefon-Sprachcomputern berichtete, will ich mich auch mal dazu auslassen.
Also: damals ™, so bis Mitte der 90er Jahre, wählte man im analogen Telefonnetz mittels Impulsen – das Ganze nannte sich dann Impulswahlverfahren, von der Post / Telekom mit treffend mit IWV abgekürzt. Die Impulse kamen so zustande, dass – einem bestimmten Takt folgend – die Leitung für kurze Zeitabstände getrennt und wieder geöffnet wurde. Bei jedem solchen Impuls bewegte sich in der Vermittlungsstelle dann ein dadurch gesteuerter Wählverbinder eine Position weiter – und schaltete ggf. eine Leitung zum nächsten Wählverbinder oder – schlussendlich – zum Teilnehmer. War die Leitung für eine längere Zeit getrennt, rutschten alle für den wählenden Teilnehmer reservierten Wähler zurück in ihre Startposition.
Das war übrigens zu einer Zeit, zu der man in den USA schon lange digital vermittelte für solche Dinge wie Makeln und Anklopfen kein spezielles digitales Telefonnetz brauchte.
Schließlich wurden dann in Deutschland aber auch die Vermittlungsstellen alle digitalisiert; diese konnten nun mittels Tönen nach der DTMF-Technik vermitteln. Die Post bzw. Telekom gab dem Ganzen den Namen „Mehrfrequenzwahlverfahren“. (MFV). Um die noch recht zahlreich vorhandenen Nutzer von Telefonen (oder Telefonanlagen), die keine Tonwahlfähigkeit besaßen, nicht im Dunkeln stehen zu lassen, baute man in die digitalen Vermittlungsstellen sozusagen einen „IWV-Simulator“ mit ein: die digitalen Vermittlungsstellen konnten (und können das AFAIK heute auch noch) weiterhin auf IWV-Telefone reagieren.
Warum ich soweit aushole? Ganz einfach: mit dem MFV-Verfahren ergaben sich nicht nur für die Betreiber der Vermittlungsstellen Vorteile: das DTMF-Verfahren erlaubt nämlich eine quasi verwechslungsfreie Erkennungsmöglichkeit für die Gegenseite.
Als die ersten Anrufbeantworter mit Fernabfrage-Möglichkeit auf den Markt kamen und MFV noch längst nicht die Regel war – vor allem aber die Telefone in Telefonzellen noch mit Impulsen wählten – gab es immer ein kleines Gerät mit einem Zehner-Tastenblock und einem Lautsprecher dazu – meistens „Fernabfrage-Sender“ oder „Code-Sender“ genannt. Dieses Gerät machte aber nichts anderes, als bei Druck auf eine Taste das entsprechende DTMF-Signal zu erzeugen. So konnte man – egal ob das Telefon DTMF-fähig war oder nicht – mit diesen Signalen arbeiten. Fernabfragefähige Anrufbeantworter konnten mittels dieser Technik einerseits erkennen, ob der Besitzer den AB abhören wollte und andereseits einen mehrstelligen Code abfragen.
Diese Technik, also das Steuern einer Maschine durch DTMF-Signale, ersetzte dann irgendwann einen der größten Krämpfe im Telefonnetz: Sprachcomputer.
Sprachcomputer setzte man hauptsächlich ein, um über eine zentrale Telefonnummer mehrere Dienste anbieten zu können. Der Sprachcomputer ersetzte mit Fragen wie „Sagen Sie ‚Eins‘, wenn Sie eine allgemeine Fragen zu unseren Produkten haben,…“ die Dame bzw. den Herrn von der Zentrale.
Die Erkennungsquote verlief mehr schlecht als recht und der Anfang der 90er-Jahre von der Bahn eingesetzte Sprachcomputer für die Fahrplanauskunft sorgte für den einen oder anderen Auftritt in Comedyshows.
Schließlich aber war sie da: die Revolution: die Sprachcomputer blieben, konnten nun aber komfortabel per DTMF gesteuert werden. Mit Sternchen und Raute konnte der Anrufer auf eine Frage also 12 verschiedene „Antworten“ geben. Nach und nach wurde die Steuerung komplexer: bei z. B. Auftragsstatusabfragen konnte man nun seine Kundennummer ganz einfach per Telefontastatur eingeben – welch Segen!
Meine letzten Erfahrungen in diesem Bereich lagen schon ein paar Jahre zurück – bis ich in diesem Jahr für meinen Großvater einen Anruf bei der Telekom tätigen musste.
Und da war der, der Schock: man hat die Sprachcomputer wieder ausgekramt, und sie sind grausamer als je zuvor! Mittlerweile steuert man die Sprachcomputer ja mit ganzen Worten, und muss auch Dinge wie Auftragsnummern in einzelnen Ziffern angeben. Dabei sind die Reaktionszeiten und Pegel der Sprachcomputer beliebig schlecht konfiguriert, sodass einem dieses Höllengerät entweder ständig ins Wort fällt oder nie alles mitbekommt, was man sagt.
Einen Tipp, der einen manchmal weiterbringt, kann ich euch geben: hustet dem Sprachcomputer was! Ja, ganz recht, zumindest bei der Telekom konnte ich Erfolge verzeichnen, indem ich bei Sprachabfragen mehrfach einfach nur kurz hüstelte (also eine nicht verarbeitbare Ansage machte), nach einer handvoll Versuchen hat mich der Computer dann einfach mit irgendwem verbunden :p
Wie gesagt: immer funktioniert das leider nicht; so habe ich auch schon Sprachcomputer erlebt, die mir beliebig oft „Ich habe Sie leider nicht verstanden“ an den Kopf schmissen – angesichts der 01805-Nummer wirtschaftlich wohl sinnvoller für das Unternehmen.
Schade eigentlich, dass oftmals auch Dinge, die nicht gut waren, wiederkehren – aber warten wir mal noch ein paar Jahre, dann wird man wohl das DTMF-Verfahren als technische Revolution wieder aus dem Hut zaubern 😉
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